Alles begann während einer Dealer Convention in den USA. Gastgeber Harley-Davidson stellte seinen Händlern den 131 Kubikinch großen Motor von JIMS vor, nicht ohne zu betonen: „Gentlemen, this engine is just for race use.“ Interessierte Händler konnten den Motor sogar fahren, was unmittelbare Folgen für die deutsche Harley-Gemeinde zeitigte. Wie das? Nun, Fritz Jonak, der die Vertragshändlerschaft in der Frankenmetropole Nürnberg betreibt, war sofort hin und weg von dem Kraftpaket. „Den müssen wir unbedingt nach Deutschland holen und für unsere Kunden straßenzulassungsfähig machen“, war der spontane Entschluss des gebürtiges Wieners. Gedacht, gesagt, getan …!
Jedoch, einen Motor zu erwerben, ist eine Sache; solch ein Hubraum-Trumm dann aber gemäß der StVZO homologiert zu bekommen, ist ein ganz anderes Ding, eine echte Herausforderung. Umso mehr, weil man dem eigentlich nur für den Rennbetrieb gedachten Motor zunächst einmal alltagstaugliche Manieren beibringen musste. Hierzu holte sich Fritz Jonak zwei kompetente Spezialisten ins Boot. Günther Sohn stimmte den 2,2 Liter-V2 straßenzulassungs- und fahrtauglich ab, Roland Kess liefert die passenden Auspuffanlagen mit elektronisch gesteuerten Klappen. Je nach Harley-Modell – in den Tourings geht aufgrund ihres großen Auspuff-Volumens am meisten – sind bis zu 130 PS am Hinterrad möglich, die unglaublichen 180 Newtonmeter Drehmoment braucht man nicht weiter zu kommentieren.
Die von uns getestete Dyna Fat Bob stellt ihrem Fahrer reichliche 114 PS und wuchtige 175 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung. Überrascht hat uns nicht, dass dieser Motor abgeht wie eine angestochene Sau, sondern wie homogen und angenehm er sich dabei gibt. Selbst niedrigste Bummeldrehzahlen nimmt er nicht krumm, ab 1.600 U/min beschleunigt er ohne Zögern aus dem Keller hoch. Kein Verschlucker, keine Drehmomentdelle, kein Loch, das spricht für ausgezeichnete Abstimmungsarbeit. Ab 3.000 U/min gibt es für den Hubraumriesen kein Halten mehr, bei 5.500 setzt der Begrenzer der Orgie dann ein Ende. Doch so viel Drehzahl braucht kein Mensch, mit diesem Motor wird man im Alltag zwischen 2.500 und 4.500 U/min vollkommen glücklich.
Fairerweise darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass die volle Leistung nur dann zur Verfügung steht, wenn die Auspuffanlage auf Durchzug gestellt ist. Geschlossen, also legal, ist der Motor zwar kein Schwächling, es fehlen ihm dann aber doch eine Menge Pferde; kein Wunder, denn zugestopft erstickt das arme Triebwerk an seinen eigenen Abgasen.
Grundsätzlich kann jede moderne Twin Cam-Harley mit dem „131“ ausgestattet werden, auch die Softail mit ihrem „balanced“ Motor. Zusätzlich zu dem eigentlichen Motor müssen auch die Auspuffanlage, der Luftfilter und das Steuergerät ausgetauscht werden. Ist das ganze Paket montiert, bekommt der Motor per Screamin’ Eagle EFI Tuner auf dem Prüfstand von G&R ein Mapping verpasst. Eine Woche Werkstattzeit setzen die Nürnberger insgesamt für den Umbau an, inklusive aller Hardware und der Arbeitszeiten müssen dann um die 15.000 Euro den Besitzer wechseln. Und bitte beachten: Nicht zum nächsten Harley-Händler gehen, nach dem „131“ fragen. Diesen Umbau gibt es exklusiv und ausschließlich nur bei H-D Nürnberg!